Wem sage ich das, Ihr wisst es längst: Mein Blog ist vernachlässigt. Ich poste längst nicht mehr so regelmäßig wie zu Beginn. Dafür gibt es vielleicht zwei Hauptgründe.
Einerseits bewegt sich schlicht und einfach nicht viel. Wir haben uns in unserer Ehe wieder gut arrangiert. Der Alltag läuft, mal besser, mal schlechter, kein Durchbruch, kein Absturz. Keine Bitterkeit, aber auch keine Ekstase. Funktionierendes Teamwork. Kein Sex.
Andererseits ist meine Zeit und Aufmerksamkeit, schon immer knapp, an anderer Stelle gebunden: Seit einigen Monaten habe ich eine Affäre.
Es fing mit einem harmlosen Quatsch an, eine Online-Bekanntschaft, dann stellten wir fest, dass vieles für uns ideal passt. Wir sehen uns ca. alles zwei Wochen, oft nur für eine kurze Verabredung. Sie reist mir nach Möglichkeit nach auf meinen Dienstreisen.
Alles passt: Wellenlänge und Gespräche, Selbstironie und trockener Humor, ständige prickelnde Erotik, gelegentlicher aufregend-intensiver Sex. Wir sprechen sehr offen, sehr erwachsen, über unsere Bedürfnisse, Wünsche, Hoffnungen, Grenzen. Wir wissen beide, dass wir keine große Zukunft haben, aber wir genießen die Gegenwart.
Natürlich habe ich Zweifel. Natürlich macht es keinen Spaß, zu verheimlichen und zu betrügen. Dass es aber für meine Ehe besser wäre, weiter mit dem dunklen Schatten zu leben, dem Gefühl, etwas Wesentliches fehlt, das ständig unausgesprochen zwischen uns steht, das glaube ich nicht.
Deshalb denke ich, zumindest im Moment, es ist eine win-win-win-win-Situation: Die Kinder haben einen alltäglich deutlich entspannteren Papa, meine Frau einen energischeren, besser gelaunten, kraftvoll zupackenden Ehemann, mein Chef einen spürbar selbstbewussteren Mitarbeiter. Ich bekomme, was ich will und was ich meine, zu brauchen – und noch mehr.
Es überrascht mich selbst ein bisschen: Ich fühle mich gut. Kein Jammern, kein Selbstmitleid, kein Suchen, kein Flautencounter mehr. Und eben weniger Zeit, zu bloggen.